Archiv der Kategorie: 12. April 1945

Auszug aus dem „Heidehaus-Buch“: Einlieferungen am 12. April 1945 (Stadtarchiv Hannover | Lungenheilstätte Heidehaus | Nr. 1677)

Das „Heidehausbuch“

Am 5. April 1945 beginnen im Außenlager Ahlem des KZ Neuengamme die Vorbereitungen für den „Evakuierungsmarsch“. Einen Tag später verlassen etwa 600 „marschfähige“ Häftlinge unter Bewachung von SS-Männern zu Fuß das Lager; Zielort ist das KZ Bergen-Belsen. Zurück bleiben über 200 kranke Häftlinge, die am 10. April 1945 von US-amerikanischen Truppen befreit werden. Die Überlebenden werden am 12. April 1945 in verschiedenen Krankenhäusern untergebracht. 186 Männer kommen in das städtische „Heidehaus“ in Stöcken – zwei Drittel von ihnen sind polnische Juden.

Das für das „Heidehaus“ überlieferte „Register der Häftlinge aus dem Lager Ahlem“ nennt ihre Namen, ihre Geburtstage und Geburtsorte, ihre Religionszugehörigkeit, ihre Berufe und das Entlassungsdatum. Es nennt aber auch die Todesursachen der über 40 Männer, die noch im „Heidehaus“ an den Folgen der Misshandlungen und Strapazen der Haftzeit sterben.

Literatur:
Janet Anschütz/ Irmtraud Heike: „Wir wollten Gefühle sichtbar werden lassen“. Bürger gestalten ein Mahnmal für das KZ Ahlem. Bremen 2004

Christoph Gutmann: KZ Ahlem – Eine unterirdische Fabrik entsteht, in: Rainer Fröbe u.a.: Konzentrationslager in Hannover. KZ-Arbeit und Rüstungsindustrie in der Spätphase des Zweiten Weltkriegs. Zwei Bände. Hildesheim 1985, Band 1, S. 331-401

Willi Herold beim Reichsarbeitsdienst Foto: 1943 (Archiv Paul Meyer, Freiburg i.Br.)

Massaker des angeblichen „Hauptmanns“ Willi Herold

Anfang April 1945 verliert der 19-jährige Fallschirmjägergefreite Willi Herold in der Nähe von Bentheim den Kontakt zu seiner Einheit. In einem zerstörten Fahrzeug findet er eine Hauptmannsuniform, eignet sie sich an und marschiert Richtung Norden. Am 12. April trifft er mit einer Gruppe versprengter Soldaten im Lager II Aschendorfermoor ein. Hier sind nach abgebrochenen Evakuierungsmärschen aus den Strafgefangenenlagern im nördlichen Emsland 2.500 bis 3.000 Gefangene untergebracht.

Mit forschem Auftreten und resolutem Verhalten übernimmt der selbsternannte „Hauptmann“ im Lager die Befehlsgewalt. Bis zum 19. April ermorden er und seine Helfer im Lager und in der Umgebung mindestens 172 Gefangene.

Am 23. Mai verhaftet ihn die Royal Navy in Wilhelmshaven und interniert ihn anschließend im Civil Internment Camp Esterwegen. Im August 1946 von einem britischen Militärgericht in Oldenburg zum Tode verurteilt, wird Willi Herold am 14. November 1946 im Gefängnis Wolfenbüttel hingerichtet.

Literatur:
T.X.H. Pantcheff: Der Henker vom Emsland. Dokumentation einer Barbarei am Ende des Krieges 1945, Leer, 2. Aufl. 1995

Heinrich und Inge Peters: Pattjackenblut. Antreten zum Sterben – in Linie zu 5 Gliedern, Norderstedt 2014

DVD:
Der Hauptmann von Muffrika. Film von Paul Meyer und Rudolf Kersting; Dokumentation, s/w, 70 Min, 1997

Website:
www.gedenkstaette-esterwegen.de