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Der belgische Widerstandskämpfer Ortar De Pauw (Sammlung Erik De Pauw, Belgien)

Irrweg durch Mitteldeutschland

Am 3. April 1945 werden die etwa 450 Gefangenen des Hamelner Zuchthausaußenlagers Holzen auf Marsch gesetzt, darunter zahlreiche Niederländer, Belgier und Luxemburger. Unterwegs per Bahn und zu Fuß irrt die Kolonne durch Mitteldeutschland. Kein Zuchthaus ist in der Lage, die Männer aufzunehmen.

Unter ihnen ist auch der Belgier Ortar De Pauw. Nur äußerst mühsam übersteht er die langen Märsche. Über seine letzten Stunden in Bad Liebenwerda berichtet sein Weggefährte, der Arzt Dr. Etienne Grandrie: „Vollkommen geschwächt lag er im Gras, ohne die Kraft, aufzustehen und seine magere Ration zu holen. Ich habe daraufhin seine sofortige Aufnahme im Krankenhaus angefragt. Wir haben gesehen, wie er auf einer Karre abgefahren wurde.“  Ortar De Pauw stirbt am 14. April 1945 in Bad Liebenwerda. Er wird mit vier anderen Hamelner Gefangenen in einem Massengrab bestattet.

Nach zwölf Tagen Irrweg durch Mitteldeutschland sollen 228 Männer am 14.4. das Zuchthaus Dreibergen in Mecklenburg erreicht haben. Hier wurden sie am 3. Mai von der Roten Armee befreit. Augenzeugen haben die Zahl der Toten auf 200 geschätzt. Nur 21 sind namentlich bekannt.

Quelle des Zitats:
Aus einem Brief des Mitgefangenen Etienne Grandrie vom 27.6.1945 an die Witwe von Ortar De Pauw (Sammlung Eric De Pauw, Belgien)

Websites:
> Bernhard Gelderblom: Bürger aus den Benelux-Staaten als NS-Verfolgte im Zuchthaus Hameln 1942-1945
> Bernhard Gelderblom: Das Zuchthaus Hameln in der NS-Zeit und in der Nachkriegszeit

Der Niederländer Marius Jonker Roelants als Zuchthausgefangener (Sammlung Maarten Geerdes, Niederlande)

Aufbruch eines Räumungstransports aus dem Zuchthaus Hameln

„Am Nachmittag des 27. März 1945 verlassen 400 Gefangene, darunter zahlreiche Niederländer, das übervolle Zuchthaus Hameln und marschieren unter schwerer Bewachung zum Bahnhof. Deutsche, die den Transport sehen, schauen weg.
In Viehwaggons geht es über Hannover nach Isenbüttel-Gifhorn, von dort zu Fuß oder mit LKW zum Außenlager Krümme des Zuchthauses Celle. Einige Tage arbeiten die Häftlinge auf dem nahen Fliegerhorst Wesendorf.
Am 4. April verlassen die Gefangenen das Lager Krümme. Ziel ist vermutlich das Zuchthaus Dreibergen in Mecklenburg. Darunter ist der Niederländer Marius Jonker Roelants. Nach tagelangen Fußmärschen gelingt es ihm, sich abzusetzen und im geräumten Fliegerhorst Salzwedel zu verstecken. Der US-Einmarsch am 17. April bringt die Befreiung.
Zu Tode erschöpft und an Ruhr erkrankt kommt Jonker Roelants ins Krankenhaus Salzwedel, wo er am 1. Mai 1945 stirbt.“ (aus den Erinnerungen von Wim Habets)

Was als Räumungstransport in Hameln begann, endete als Todesmarsch. Ob die Kolonne ihr Ziel Dreibergen erreichte, ist bisher nicht bekannt. Bislang sind zwei niederländische Todesopfer nachweisbar.
Da der Leichnam von Jonker Roelants nie gefunden wurde, hat die in Schiedam lebende Ehefrau den gewaltsamen Verlust ihres Mannes nie verwinden können.

Literatur:
Wim Habets: Op vrijheid gesteld: autobiografische notities omtrent: gebeurtenissen gedurende de bezettingstijd in Kerkrade en Heerlen, het verblijf in gevangenschap in Nederland en Duitsland in Oorlogstijd en de bevrijding in 1945, 1996

Websites:
> Bernhard Gelderblom: Bürger aus den Benelux-Staaten als NS-Verfolgte im Zuchthaus Hameln 1942-1945
> Bernhard Gelderblom: Das Zuchthaus Hameln in der NS-Zeit und in der Nachkriegszeit