Archiv der Kategorie: 13. April 1945

Mitteilung des Lagerarztes im Stalag XB, Dr. Rudolf Adam, 14. April 1945. Dr. Rudolf Adam informierte den Wehrkreisarzt X in Hamburg mit diesem Schreiben über die Ankunft eines Transportes mit 2470 KZ-Häftlingen im Kriegsgefangenenlager Sandbostel. (The National Archives, London WO 309-414)

Ankunft von ersten KZ-Häftlingen im Kriegsgefangenenlager Sandbostel

Am 13. April 1945 erreicht ein erster Transport mit 2.470 KZ-Häftlingen das nahe des Dorfes Sandbostel gelegene Kriegsgefangenen-Mannschafts-Stammlager (Stalag) X B. Die Häftlinge kamen aus dem zuvor geräumten Konzentrationslager Neuengamme und einigen Außenlagern im Bremer Raum.

Eigentlich sollten dieser und später folgende Transporte in das KZ-Bergen-Belsen gebracht werden. Da die britische Armee aber schon im Begriff war das KZ Bergen-Belsen zu befreien, wurden die Transporte umgeleitet und einige gelangten schließlich in das Stalag X B Sandbostel.

Der Lagerarzt Dr. Rudolf Adam bescheinigt in einem Bericht am 14. April, dass die Häftlinge „sich im schlechtesten Kräfte- und Ernährungszustand“ befinden, dass „mit Sicherheit anzunehmen (sei), dass ansteckende Krankheiten vorliegen“ und dass „sofortige ärztliche Maßnahmen (…) dringend erforderlich“ seien. Umgehend wurde Dr. Adam von der Wehrmachtskommandantur des Lagers mitgeteilt, dass er „mit der ärztlichen Betreuung der K.Z.-Häftlinge“ nichts zu tun habe. „Die Häftlinge unterstehen in jeder Hinsicht der Polizei“. Polizei steht in diesem Fall synonym für die SS.

Insgesamt erreichten 9.500 KZ-Häftlinge das Stalag X B Sandbostel und wurden unter katastrophalen Bedingungen weitgehend sich selbst überlassen. Auf den Transporten, im Stalag X B und nach der Befreiung starben etwa 3.000 Häftlinge. Die meisten von ihnen sind heute auf der „Kriegsgräberstätte Sandbostel“ bestattet, dem ehemaligen Lagerfriedhof.

Website:
Gedenkstätte Lager Sandbostel >> www.stiftung-lager-sandbostel.de

 

Aleksandr Machnatsch (3. von links) am 12. April 1945 im Lager Wesuwe. Fotograf: Alexander M. Stirton (Library and Archives Canada, PA 159186)

Brief in die Heimat

Am 9. April 1945 wird das mit sowjetischen Kriegsgefangenen belegte Zweiglager Wesuwe des Stalag VI C Bathorn befreit. Vier Tage später schreibt Aleksandr Machnatsch aus dem Lager einen Brief an seine Mutter Olga Nikolajewna.:

„Jetzt erst bin ich frei. Am 9. April 1945 wurde ich (zum zweiten Mal) neu geboren. An diesem Tag befreiten unsere verbündeten kanadischen Truppen an der Grenze Hollands das Konzentrationslager inmitten der öden Moore. Dorthin waren wir rund 500 Kommandeure am 1. Dezember 1944 gebracht worden, wo täglich 18 – 20 Menschen aus Hunger starben. Wer dort umfiel, stand dann nicht mehr auf. Ich bestand nur noch aus Knochen, Wunden öffneten sich, und ich stand nicht mehr auf. Noch 10 – 12 Tage, und ich wäre nicht mehr unter den Lebenden gewesen. […]“ (Übersetzung aus dem Russischen; Museum der Verteidigung der Brester Festung, Brest, Weißrussland)

Kurze Zeit später kehrt Machnatsch in seine Heimat zurück und lebt bis zu seinem Tod 2001 in Minsk.

Originalbeschriftung der Fotografie vom 12. April 1945: „Diese Männer wurden während des deutschen Einmarsches in Russland verwundet. Nach notdürftiger chirurgischer Behandlung wurden sie in dieses Lager gebracht, um von gefangenen Sanitätsoffizieren behandelt zu werden, die ohne jede Ausrüstung arbeiten mussten. Man beachte den Zustand der Kleidung und die chirurgischen Hilfsmittel“. (Übersetzung aus dem Englischen.)

Website:
www.gedenkstaette-esterwegen.de

Zug mit befreiten jüdischen Häftlingen aus dem KZ Bergen-Belsen fotografiert von George C. Gross, 13. April 1945 (United States Holocaust Memorial Museum, Washington, Sammlung George C. Gross)

Befreiung von Häftlingen aus dem KZ Bergen-Belsen bei Farsleben

Am 13. April 1945 erreichen die amerikanischen Offiziere Clarence L. Benjamin und George C. Gross vom 743. Panzerbataillon der US-Armee einen Zug mit etwa 2 500 jüdischen Häftlingen aus dem KZ Bergen-Belsen. Er war am Abend zuvor in der Nähe des Dorfes Farsleben zum Stehen gekommen. Die deutschen Bewacher des Zuges waren geflohen.

Wenige Tage zuvor räumte die SS das Austauschlager des KZ Bergen-Belsen. Etwa 6 700 jüdische Geiselhäftlinge sollten mit drei Bahntransporten in das Ghetto Theresienstadt verlegt werden. Nur einer der Züge erreichte jedoch den Zielort. Ein weiterer wurde am 23. April bei Tröbitz von sowjetischen Truppen befreit.

Für die Häftlinge bedeuteten diese Transporte weitere Strapazen. In überfüllten Waggons ohne medizinische Versorgung und ohne ausreichende Verpflegung erkrankten die meisten Häftlinge, viele starben. Die Toten wurden bei den häufigen Halten auf freier Strecke neben den Gleisen verscharrt. Auf dem Gemeindefriedhof in Farsleben erinnern ein Gedenkstein und eine Gedenktafel an die 32 dort begrabenen Opfer des Transports. Die US-Armee evakuierte die Überlebenden in eine Kaserne bei Hillersleben, um sie zu versorgen. Dennoch starben noch 143 Menschen, die auf einem eigens angelegten Friedhof auf dem Kasernengelände bestattet wurden.

Literatur:
Matthew A Rozell: A train near Magdeburg: a teacher’s journey into the Holocaust, Hartford, New York, Woodchuck Hollow Press, 2016
Thomas Kubetzky: Fahrten ins Ungewisse – Räumungstransporte aus dem Konzentrationslager Bergen-Belsen im April 1945, in: Habbo Knoch u. Thomas Rahe (Hg.): Bergen-Belsen – Neue Forschungen, Göttingen 2014, S. 150 ff.

Weblinks:
Teaching history matters >>  http://teachinghistorymatters.com/about