Archiv der Kategorie: 28. April 1945

Kurt Albrecht als 17jähriger Matrose bei der Kriegsmarine (Foto: privat)

Hinrichtung eines 17-jährigen Deserteurs

Am 23. April setzt sich der 17jährige Marinesoldat Kurt Albrecht bei Rotenburg (Wümme) von seiner Einheit ab und versucht, mit dem Fahrrad nach Hause zu seinen Eltern in der Pfalz zu gelangen. Ein Posten der Wehrmacht erkennt ihn aufgrund fehlender Papiere und einiger Wehrmachtskleidungsstücke als Soldaten, der sich offensichtlich unerlaubt von seiner Truppe entfernt hat.

Er wird verhaftet und am 28. April vor ein Feldgericht gestellt, das in einem Privathaus in Osterholz-Scharmbeck tagt. Die Richter verurteilten ihn unter Aberkennung der Wehrfähigkeit und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte zum Tode. Seine Bitte, die Todesstrafe in eine mildere Bestrafung umzuwandeln, wird nicht berücksichtigt.

Am Abend, wenige Stunden nach dem Schuldspruch, wird er zum Schießplatz des Scharmbecker Schützenvereins geführt und von zehn Marinesoldaten erschossen. Drei Tage später wird der Leichnam ohne militärische oder religiöse Zeremonien auf dem Scharmbecker Friedhof beigesetzt.

Wenige Tage nach dem Tod von Kurt Albrecht endet der Zweite Weltkrieg in Europa.

Literatur:
Sarah Freiberg, Sarah Pols und Tina Tapking: Hinrichtung des 17-jährigen Deserteurs Kurt Albrecht am 28. April 1945 auf dem Schützenplatz. In: Ulrich Schröder (Red.): Stationen der Geschichte des 20. Jahrhunderts in Osterholz-Scharmbeck. Begleitheft zu einem historischen Rundgang durch die Kreisstadt, Verein zur Förderung der Berufsbildenden Schulen Osterholz-Scharmbeck (Hrsg.), Osterholz-Scharmbeck, 3. verb. u. stark erweiterte Aufl., 2004.

Der britische Armeefotograf Sergeant D.M. Smith nahm dieses Foto am 28. April 1945 bei der Exhumierungen von 269 KZ-Häftlingen bei Wolterdingen auf. Er gab ihm den Titel „The line of coffins“ (Imperial War Museum London)

The line of coffins – Exhumierung in Wolterdingen

Auf Anordnung der britischen Militärregierung werden am 28. April 1945 in einem kleinen Wald bei Wolterdingen nördlich von Soltau in der Nähe eines verlassenen Zuges drei Massengräber exhumiert.

269 Tote werden gefunden – Häftlinge eines Räumungstransports aus dem KZ Neuengamme. Sie waren wenige Tage zuvor von ihren Bewachern ermordet worden. Der bei der Exhumierung anwesende britische Kriegskorrespondent schreibt: „Als die SS-Wachen merkten, dass britische Truppen nicht mehr weit entfernt waren, befahlen sie den Häftlingen, die Waggons zu verlassen, führten sie zu einem nahegelegenen Wald, ließen sie Gruben ausheben, töteten sie und verschwanden.“

Die Briten ziehen zu den Umbettungen deutsche Zivilisten heran. Alle führenden Persönlichkeiten der Region werden gezwungen, an den offenen Gruben vorbeizugehen. Anschließend müssen deutsche Frauen und Jugendliche die Särge zum Gemeindefriedhof in Wolterdingen tragen. Dort werden die Toten mit einer feierlichen Zeremonie bestattet.

Bis heute sind die Namen der meisten der Toten nicht bekannt.

Weblink:
KZ-Züge auf der Heidebahn. Depesche aus Wolterdingen >> http://www.kz-zuege.de/kapitel_09.htm