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Standbild aus dem Film „Soltau Woods Mass Grave 1945“, British Pathé. Im Sommer 1945 wurden die Leichen der am 11.4.1945 in Soltau ermordeten KZ-Häftlinge exhumiert. Sie waren nur flüchtig in Massengräbern verscharrt gewesen (http://www.britishpathe.com/video/soltau-woods-mass-grave/query/Soltau)

Festnahme des Elektrolehrlings F. in Soltau

Am 26. April 1945 nehmen in Soltau die britischen Besatzungsbehörden den 17jährigen Elektrolehrling F. in Haft. Er wird verdächtigt, am 11. April zusammen mit dem 49jährigen Arbeiter K. und dem 19jährigen Schuhmacher S. einen KZ-Häftling ermordet zu haben. An diesem Tag geriet bei Soltau ein Räumungstransport aus dem KZ Neuengamme in einen Bombenangriff. Viele der Häftlinge flüchteten. Es folgte unter Beteiligung der örtlichen Bevölkerung eine tödliche Hetzjagd auf sie.

Drei Jahre später fand der Prozeß gegen F., K. und S. vor dem Landgericht Lüneburg statt. Aus dem festgestellten Sachverhalt: „Zusammen mit S. und F. ging K. um den Häftling herum, und zielte etwa aus 15 Meter Entfernung auf ihn. Noch 2 Mal setzte er ab, weil er mit inneren Hemmungen zu kämpfen hatte, und erschoss dann den Häftling, der sofort lautlos zusammensank. F. und S. standen während dieses Vorgangs etwa 3 bis 4 Schritte links hinter K. Da der Häftling noch mit den Beinen zuckte, trat F. an ihn heran und gab mit seiner Pistole einen Schuss auf ihn ab, der ihn in den Hinterkopf traf, wie er sagte, damit der Mann auch wirklich tot sei.“

F. und S. wurden in der Revisionsverhandlung freigesprochen, K. zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Die Identität des ermordeten Häftlings ist nicht bekannt.

Insgesamt wurden im April 1945 mindestens 89 KZ-Häftlinge bei Soltau ermordet.

Literatur:
Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen 1945-1966, Bd. II, Amsterdam 1969, S. 375-382

Film:
Soltau Woods Mass Grave 1945 >> http://www.britishpathe.com/video/soltau-woods-mass-grave

Weblinks:
KZ-Züge auf der Heidebahn. Das Ende in Soltau >> http://www.kz-zuege.de/kapitel_11.htm

Gedenkkreuz im Lüneburger Tiergarten für die ermordeten KZ-Häftlinge, Mai 1951 (KZ-Gedenkstätte Dachau, Nachlass Günther Paul Schulz)

Ermordung von KZ-Häftlingen auf einem Feld unweit des Güterbahnhofs in Lüneburg

Am 11. April ermorden Angehörige der Wehrmacht und der SS in Lüneburg auf einem Feld unweit des Güterbahnhofs KZ-Häftlinge aus dem Lager „Alter Banter Weg“ bei Wilhelmshaven.

Die Waggons des Häftlingstransportes, der am 3. April mit dem Ziel Neuengamme gestartet war, wurden am 7. April im Lüneburger Güterbahnhof von alliierten Bombern angegriffen.

Auf dem Feld befinden sich am Abend des 11. April noch mindestens 60 Männer – Häftlinge, die dort seit dem 7. April ausharrten, in die Stadt geflohen waren und wieder gefasst wurden und etwa 20 bis 25 weitere, die zur medizinischen Versorgung ins Gerichtsgefängnis gebracht und erst am Morgen wieder abgeholt worden waren.

Die Leichen werden im „Tiergarten“, einem Waldstück neben den Gleisanlagen, in Massengräbern beerdigt – an derselben Stelle wie schon die Toten der vergangenen Tage. Viele Häftlinge waren Opfer brutaler Übergriffe seitens der Wachmannschaft geworden – andere durch Kälte, Hunger und Durst so erschöpft, dass sie die Tage und Nächte auf freiem Feld nicht überlebten.

Literatur:
Immo de Vries, 11. April 1945: Der Massenmord in Lüneburg an Häftlingen des KZ-Außenlagers Wilhelmshaven durch SS und Wehrmachtsoldaten in: Detlef Garbe/Carmen Lange /Hrsg.), Häftlinge zwischen Vernichtung und Befreiung. Die Auflösung des KZ Neuengamme und seiner Außenlager durch die SS im Frühjahr 1945, Bremen 2005

Daniel Blatmann, Die Todesmärsche 1944/45. Das letzte Kapitel des nationalsozialistischen Massenmords, Hamburg 2011

Geschichtswerkstatt Lüneburg e.V. (Hrsg.), Kriegsverbrechen in Lüneburg. Das Massengrab im Tiergarten, Lüneburg 2000

Archiv Manfred Messer, Lüneburg

Lüneburger Zeitung, 11. April 1945

Bombenangriff auf den Bahnhof in Lüneburg: Ein Zug mit KZ-Häftlingen wird getroffen

Im Lüneburger Güterbahnhof wird ein Zugtransport mit Häftlingen aus dem Konzentrationslager „Alter Banter Weg“ bei Wilhelmshaven von alliierten Bombern angegriffen.

Der Zug ist am 3. April mit dem Ziel Neuengamme gestartet. In Lüneburg stehen die Waggons seit dem frühen Morgen auf Gleis 31 des Güterbahnhofs.

Der Luftangriff verursacht ein wahres Inferno – die Waggons werden beschädigt und brennen. Weitere Züge werden getroffen, darunter Kesselwagen mit Treibstoff. Während des Bombardements bleiben die Häftlinge in den Waggons eingesperrt – mindestens 71 sterben bei dem Angriff. Einigen Häftlingen gelingt es zu flüchten. Am 11. April veröffentlicht die Lüneburger Zeitung eine Bekanntmachung der Gestapo, in der die Bevölkerung vor den geflohenen Häftlingen gewarnt wird.

Die Überlebenden des Transports aus Wilhelmshaven werden auf einem Feld gesammelt. Etwa 140 von ihnen bringt die SS in den folgenden Tagen nach Bergen-Belsen.

Literatur:
Immo de Vries, 11. April 1945: Der Massenmord in Lüneburg an Häftlingen des KZ-Außenlagers Wilhelmshaven durch SS und Wehrmachtsoldaten in: Detlef Garbe/Carmen Lange /Hrsg.), Häftlinge zwischen Vernichtung und Befreiung. Die Auflösung des KZ Neuengamme und seiner Außenlager durch die SS im Frühjahr 1945, Bremen 2005

Daniel Blatmann, Die Todesmärsche 1944/45. Das letzte Kapitel des nationalsozialistischen Massenmords, Hamburg 2011

Geschichtswerkstatt Lüneburg e.V. (Hrsg.), Kriegsverbrechen in Lüneburg. Das Massengrab im Tiergarten, Lüneburg 2000

Archiv Messer, Lüneburg

Kommandanturbefehl des Stalag X B Sandbostel vom 22. März 1945. (Deutsche Dienststelle Berlin, Mappe „Sowjet. Rus. Kgf.. Stalag X“)

Überstellung von drei sowjetischen Kriegsgefangenen an die Geheime Staatspolizei in Lüneburg

Der Kommandant des Stalag X B Sandbostel teilt dem Kommandeur der Kriegsgefangenen im Wehrkreis X in Hamburg die Überstellung von drei sowjetischen Kriegsgefangenen an die Gestapo Lüneburg mit.

Efim Neshenez, Timofij Utkin und Fedor Krasnokutski gehören dem Arbeitskommando 1239 Ratsmühle in Lüneburg an. Ihnen wird vorgeworfen, während eines Fliegeralarms Schokolade, Zucker und Kleidungsstücke gestohlen zu haben. Der Kommandant des Lagers Sandbostel bewertet dies als so schwerwiegend, dass ihm die „Entlassung“ aus der Kriegsgefangenschaft erforderlich erscheint. Damit verlieren die drei ihren Status als Kriegsgefangene. Der Übergabe an die Gestapo folgt in der Regel die Einweisung in ein Konzentrationslager. Das weitere Schicksal von Efim Neshenez, Timofij Utkin und Fedor Krasnokutski ist nicht bekannt.